Rassismus und Diskriminierung: Allgegenwärtige Erfahrung von Migrant:innen

Abschiebungen vom Hamburger Flughafen – Abschiebungsbeobachtungsbericht (Stand Januar 2022), Probleme, Perspektiven
5. Mai 2022
Freizügigkeitsüberprüfungen von EU-Bürger:innen im 1. Quartal 2022
12. Mai 2022

Danke an Armin Levy von Raawi – News für die Dokumentation!

Liebe Zuhörende,

liebe Schüler:innen,

wir sind heute hier zusammengekommen, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Das steht für sich und die Erinnerung daran darf niemals verblassen.

Als flüchtlingspolitische Sprecherin bin ich aber gebeten worden, etwas über die aktuelle Situation von Flüchtenden zu sagen.

Ohne den rassistischen Terror des Nazi-Regimes auch nur ansatzweise relativieren zu wollen, müssen wir leider feststellen, dass Rassismus keinesfalls aus unserer Gesellschaft verschwunden ist. Laut aktuellem Rassismus-Monitor glaubt die Hälfte der Bevölkerung noch an menschliche „Rassen“. Das ist der Nährboden für all die, die sich gegen Immigration, gegen „Überfremdung“ richten. Und Rassismus wird leider auch durch zahlreiche Diskriminierungen unterfüttert.

Die unterschiedliche Behandlung von Kriegsflüchtenden aus der Ukraine gibt leider wieder einmal Anlass, sich damit auseinanderzusetzen. Beispiele gibt es genug:

Rom:nja sitzen an der ukrainischen Grenze fest und werden schlecht versorgt.

Schwarze Studierende wurden beim Grenzübertritt behindert und erfahren hier eine schlechtere Behandlung. Trotz Verbesserungen sind sie bei Sozialleistungen und Aufenthaltsstatus immer noch schlechter gestellt als ukrainische Studierende.

Private Anbieter:innen sagen unverhohlen, dass Wohnungsangebote nur für ukrainische Studierende gelten.

Und bei den Ausländerbehörden gibt es eine Überholspur für Ukrainer:innen. Andere Geflüchtete schauen derweil in die Röhre, verlieren Jobs, weil ihre Arbeitserlaubnis nicht ausgestellt wird. Sozialleistungen werden gestrichen, weil kein aktueller Aufenthaltstitel vorgelegt werden kann. Der Gipfel der Ungerechtigkeit ist es, wenn die Sozialbehörde mit der so genannten Initiative für gute Integration vereinbart, dass Geflüchtete die Unterkunft Große Horst in Hamburg-Nord für Ukrainer:innen räumen müssen.

Der Hamburger Senat verstößt damit selbst gegen den Gleichheitsgrundsatz und gießt zugleich auch noch Öl ins Feuer derer, die ohnehin gerade zwischen „guten“ (weil europäischen) und „schlechten“ (weil fremdländischen) Geflüchteten unterscheiden. Ressentiments und Rassismus werden dadurch verstärkt und nicht abgebaut.

Damit nicht genug. Ich möchte auch noch mal einen Blick auf all die richten, die 2015/2016 zu uns gekommen sind. Sie haben monatelang in Erstaufnahmeeinrichtungen verbracht, ohne dass es mit der Integration einen Schritt voran ging. Sie mussten oft jahrelang auf eine Asylentscheidung warten. Diese zermürbende Unsicherheit ist eine große Last. Am Ende blieb vielfach nur eine Duldung, die Aussetzung der Abschiebung. Angst und Traurigkeit, schlechtere Perspektiven setzen sich fort. Wie mögen sich diese Menschen fühlen, wenn sie jetzt sehen, was alles für die Vertriebenen aus der Ukraine getan wird?

Ich finde, das setzt Maßstäbe. Für andere Geflüchtete muss es aber schnellstmöglich auch Verbesserungen geben. Der Ampel-Koalitionsvertrag sieht da einiges vor. Nur muss das auch endlich umgesetzt werden. Und Hamburg muss aufhören, schnell noch Menschen abzuschieben, die von den neuen Regelungen profitieren könnten.

Last but not least möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es gefeiert wird, Menschen aus der Ukraine zu retten. Im Mittelmeer sterben aber immer noch Menschen und die Seenotrettung wird nach wie vor kriminalisiert. Am 21. Mai beginnt in Italien der Prozess gegen die Crew der Juventa – angeklagt wegen Menschlichkeit. Darunter auch der Hamburger Hafenschiffer Dariush Beigui. Es drohen bis zu 20 Jahren Haft. Wir in Hamburg sollten laut unsere Stimme erheben gegen diese abgrundtiefe Ungerechtigkeit.

Hamburg muss auch ein sicherer Hafen für die sein, die über das Mittelmeer kommen und die in menschenunwürdigen Lagern in Libyen, an der europäischen Grenze in Belarus oder Bosnien oder gar auf europäischem Boden in Griechenland oder Polen unter katastrophalen Bedingungen in Lagern festsitzen.

Es ist eine Schande, wie Europa diese Menschen behandelt. Sie haben genauso unsere Solidarität verdient!

Vielen Dank.

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