Leben unterhalb des Existenzminimums: Karlsruhe stoppt zu niedrige Zahlungen an Geflüchtete

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Das Bundesverfassungsgericht hat heute seine Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz veröffentlicht (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 2022 -1 BvL 3/21-). Sie betrifft auch Hamburg – die Fachämter für Grundsicherung und Soziales haben die Leistungen in den vergangenen drei Jahren nur unterhalb des Existenzminimums an all jene Personen gezahlt, die in öffentlich-rechtlicher Gemeinschaftsunterbringung leben. Der Bedarf von einander fremden Personen, die gemeinsam in Sammelunterkünften untergebracht sind, wurde bis heute von den Sozialämtern kleingerechnet. Sie wurden behandelt wie Verheiratete, die gemeinsam einkaufen und kochen. Betroffen sind insbesondere alle Personen im laufenden Asylverfahren und mit Duldung.

Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, hatte die verfassungsrechtlichen Bedenken zahlreicher Gerichte an dieser Regelung bereits mehrfach an den Senat adressiert, zuletzt in einer Anfrage vom 6. Januar 2022 (Drs. 22/6887). Der Senat hat versäumt, den verfassungswidrigen Zustand zu beenden. Carola Ensslen: „Es war eine Frechheit, dass die ohnehin viel zu niedrigen Leistungen noch weiter gedrückt wurden. Es entbehrt jeder Lebenserfahrung, dass Menschen gemeinsam wirtschaften, deren einzige Gemeinsamkeiten ein Fluchthintergrund und ein gemeinsames Zimmer sind. Die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist so beschämend niedrig, dass für Geflüchtete aus der Ukraine eigens eine Ausnahme geschaffen wurde, damit diese nicht unter dieses Gesetz fallen. Ich begrüße deshalb die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.”

Das Bundesverfassungsgericht hat die rückwirkende Zahlung erhöhter Leistungen ab 01.09.2019 angeordnet. Carola Ensslen: „Alle, die in den vergangenen Jahren in Sammelunterkünften gewohnt haben und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen mussten, sollten jetzt eine Überprüfung ihrer Leistungen fordern. Wer Widerspruch gegen die Bescheide eingelegt hatte, kann rückwirkend bis 1. September 2019 höhere Leistungen bekommen. Aber auch wer keinen Widerspruch eingelegt hat, kann Leistungen ab 1.Januar 2021 fordern.”
 

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