Senat lässt Geflüchtete in der Corona-Pandemie im Stich

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Nur miteinander stark: Mit Mut, Vernunft und Zusammenhalt durch die Pandemie – so lautete das Thema der Aktuellen Stunde, die die Grünen zur Bürgerschaftssitzung am 11.11.2020 angemeldet hatte. Da ging es dann ganz viel darum, wie gut doch alles läuft. Das war Anlass für uns LINKE das Wort zu ergreifen und auf Missstände in verschiedenen Bereichen aufmerksam zu machen. Ich habe den verantwortungslosen Umgang des Senats mit Geflüchteten scharf kritisiert. Hier meine Rede:

Hier als Link zum Redebeitrag in der Mediathek der Hamburgischen Bürgerschaft oder im Anschluss als Text.

Frau Präsidentin,
liebe Kolleg:innen und Zuhörende,

wenn ich mich in dieser Debatte zu Wort melde, dann ganz sicher nicht, um in das rot-grüne Pandemie-Wohlgefühl von Mut, Vernunft und Zusammenhalt einzustimmen.
Denn wo ist der Zusammenhalt, wenn es um Geflüchtete in der Corona-Pandemie geht!?
Oder anders gefragt: Ist das ihr Verständnis von Zusammenhalt, Geflüchtete über Wochen in beengtesten Verhältnissen so lange in der Zentralen Erstaufnahme einzusperren und dem Virus zu überlassen, bis sie alle durchinfiziert sind!?
In unseren Augen, Herr Senator Grote, spielen Sie Russisch Roulette mit Gesundheit und Leben der Menschen, die dort untergebracht sind. Das ist völlig verantwortungslos!

Sie sollten mal mit den Menschen vor Ort sprechen. Dann würden auch Sie vielleicht merken, was schief liegt:
Da ist eine gebückte 63-jährige Frau, die Verwandtschaft hier in Hamburg hat und nicht versteht, warum sie trotz Negativtests nicht dorthin kann.
Da ist ein herzkranker Mann, der mit sieben anderen Männern in einem Raum untergebracht ist. Er braucht medizinische und psychologische Betreuung.
Da sind vier alleinstehende Mütter mit sehr kleinen Babys, das jüngste zwei Wochen alt, die zusammen mit den Babys in einem engen Raum mit nur vier Betten untergebracht sind.
Und da ist eine schwangere Frau, deren Mitbewohnerin im Zimmer am Montag einen positiven Befund erhalten hat. Sie muss jetzt mit der Angst leben, dass sie und ihr ungeborenes Kind sich in den beengten Verhältnissen womöglich angesteckt haben. Vulnerable Personen werden nicht geschützt.
Das haben Sie zu verantworten, Herr Senator Grote!

Statt sich um eine Unterbringung zu kümmern, die den Empfehlungen des RKI entspricht, ziehen Sie sich darauf zurück, dass die meisten Ansteckungen ja nicht in der Unterkunft passiert seien, sondern von den Bewohner:innen hineingetragen wurden. Was für ein Zynismus. Das mag irgendwann mal so gewesen sein. Aber hören Sie doch auf so zu tun, als seien die Bewohner:innen selber schuld. Es ist die menschenunwürdige Unterbringung ohne Abstand, die zur Verbreitung des Virus führt!
Da ist es ein Hohn, wenn Sie behaupten, man verwende viel Mühe darauf, Hygiene und Abstand sicherzustellen.
Sie haben seit Beginn der Pandemie für den Schutz von Geflüchteten so gut wie nichts getan! Und das gilt im Übrigen auch für Frau Senatorin Leonhard, die die Folgeunterkünfte verantwortet. Auch da muss was passieren.
Zuallererst aber, Herr Senator, müssen Sie die Leute aus dem Bargkoppelweg sofort dezentral unterbringen!

Vielen Dank!

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